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n r” SPECIMINA NOVA DISSERTATIONUM EX INSTITUTO HISTORICO UNIVERSITATIS QUINQUEECCLES1ENS1S DE IANO PANNONIO NOMINATAE A Pecsi Janus Pannonius Tudomdnyegyetem Törteneti Tans^ekenek EVKÖNYVE 19Ö 5 i SPECIMINA NOVA DISSERTATIONUM EX INSTITUTO HISTORICO UNIVERSITATIS QUINQUEECCLESIENSIS DE IANO PANNONIO NOMINATAE PARS PRIMA A Pecsi Janus Pannonius Tudomänyegyetem Tört^nettudomänyi Tanszökenek Evkönyve 1 9 B 5 SPECIMINA NOVA UNIV. QUINQUEECCLESIENSIS ISTVÄN TÖTH - 1985. ZSOLT VISV I DAS GROßE KULTBILD DES MITHRAUMS UND DIE PROBLEME DES MITHRAS-KULTES IN INTERCISA Intercisa war ein Wichtiges (?lied des pannonischen Wehrsystems, 47 Meilen südlich von Aquincum, am Ufer der Donau gelegen. In dem Ende des 1. Jahrhunderts angelegten Kastell standen bis Ende der m a r k o m a n n i s c h - sa r m a t i s c h e n Kriege Reitereinheiten, I ( m i l l i r r l a ) Hemesenorum e q u i tata. reneinfall von 259/260, Später, dann die c o h o rs nach dem großen B a r b a ­ wurde dieser Grenzabschnitt von den aus den Überresten der Kohorte organisierten e q u i t e s s a g i t t a r i i geschützt, diese wurden dann im 4. Jahrhundert durch zwei cunei ergänzt. das Kastell - Um entstand bereits im 1. -Jahrhundert der vicusA der sich in Anwesenheit der syrischen Truppen und einer wachsenden Anzahl orientalischer Bevölkerung zu einer blühenden Siedlung entwickelte. In dieser Epoche wuchs die Siedlung in ihren Ausmaßen, ihrer Bauten, im Niveeu in ihrem Reichtum und-ihrer Ausbreitung bedeutend an und schlug den Weg der städtischen Entwicklung ein, begünstigt durch den Umstand, daß auf dem Gebiet der Provinz Pannonia Umkreis von 70 km keine Stadt vorhanden war. inferior in einem Seit den Ausgrabungen am Anfang dieses Jahrhunderts erweckte diese römische Siedlung durch das reiche Fundmaterial, in erster Linie durch die Steindenkmäler das Interesse der Forschung. dazu, • So kam es daß das Ungarische Nationalmuseum in den ersten Jahren u n s e ­ res Jahrhunderts in den damaligen Weingärten systematische Aus g r a ­ bungen unternahm und das südliche Gräberfeld und einen Teil der Siedlung freilegte. Die Grabungen wurden mit kleineren U n t e r b r e ­ chungen bis 1949 fortgesetzt, als sich die Lage durch die Gründung der Stadt Dunaüjväros entschieden veränderte. Die Leitung der F o r ­ schung übernahm das neugegründete Museum der jungen Stadt, und seit 1962, dem Baubeginn der nördlichen Wohnsiedlung sind ununterbrochen Notgrabungen im Gange, die auch heute weitergeführt werden. grabungen wurden bis 1970, führt. Es gelang, ihrem Todesjahr, Die Aus­ von Eszter B. Vägö g e ­ Intercisa fast vollständig freizulegen, sodaß sie gegenwärtig die am gründlichsten bekannte Siedlung Pannoniens d a r ­ stellt. In den verschiedenen Gräberfeldern wurden über 3D00 Gräber erschlossen, der vicus ist etwa 6D prozentig freigelegt, und bei den 1973 begonnene Ausgrabungen im Kastell wird Vollständigkeit an­ gestrebt (A b b . 1 . 1 ) . Im selben Jahr wurde ein Teil des vicujs bei der südwestlichen Ecke des Kastells durchforscht. Auf dem Gelände von 30 x 40 m kam reiches Fundmaterial ans Tageslicht. In der ersten Hälfte ries 2. Jahrhunderts bestand hier wohl eine L e d erbearbeitungswerkstatt mit dem dazugehörigen Brunnen. Ende des 2. Jahrhunderts wurde an der selben Stelle ein Lehmbau erhoben, tig. darin war eine Glaswerkstatt tä­ Nach dessen Zerstörung - vermutlich in den Jahren 2 5 9/260 wurde über den planierten Ruinen ein Gebäude mit Steinmauern errich­ tet. An der Stelle der einen abgerissenen Wand dieses Gebäudes wurde die Grube des Grabes Nr. 2000 ausgehoben. Dieses erwies sich als ein Teil einer Bestattungseinheit von drei Gräbern. Später, in \ 5. Jahrhundert, wurde in der Nähe noch ein hunnisches oder g e r m a n i ­ sches Mädehen beigesetzt (Abh. 1.2). Das im Titel angegebene Mithras-Relief bildete die Deckplatte des Grabes Nr. 38 2000 (Abb. 2). Das nach Südwesten orientierte (41°) o o o 0) « CM (-t H PH •rH 03 jd TD =co t-4 C D 03 C D CD JD CD c cn 0 0 •rH 0 3 x : u e tH D o cn 0 ) •rH -H C e :0 ►H u -H C a o rH CD Ch CO jD rH 0) -H Q . CO <J- -J-» CD *H (D c e •H CM c CD 1 D CM -O JD C cn 03 c (~t 03 (H 03 CD Ch cn - C ♦rH 03 ( h E 03 o — 03 +-> -H c +-* hH 03 •H c 03 o TD > C 3 03 ü _ +-> f-H QJ •H ro □ 03 1 •rH Q rH I rH -D -Q C 39 -rH 0 03 rH rH 03 -H i 1 CO 03 a o u I -H rH D C 03 o cn tH CD CL U JZ cn -h 0 03 *H td C 03 QJ -H 0 O D 1/3 rH 1 E E H (J3 U ZJ 0 CU Q J S D H U > H cn JZ JD X3 -H QJ H C ’H *rH -H ZJ Z □ I L e 1 CM j -rH 2 : C O > 0) 0 TD rH -H U Grab war aus älteren Steinplatten zusammengesetzt, sich ein großf ormatiger Altac mit der Dedikation: Libero Telluri. Tafel gefundene Es ist fraglich, wo der andere, I .o .m . lunoni Reg . über dem Mithras - Altar (Deo S o li E lagabalo) ursprünglich stand, das scheint nicht sein ursprünglicher Ort zu sein. grab barg zwei ältere Personen, gaben. trennt und völlig zertrümmert, Es ist anzunehmen, denn Das gemauerte Stein­ und vermutlich auch reiche G r a b b e i ­ Es wurde aber wahrscheinlich kurz nach der Beisetzung, in römischer Zeit geplündert, den. darunter befand noch wobei die Skelette von den Schädeln ge­ sodann die Grabbeigaben entfernt w u r ­ daß die Leichenräuber dabei auch das große Relief in drei Teile brachen, denn einige kleinere Bruchstücke, der rechte Unterarm von Mithras, ein Stück von Bein des Cautes, fanden sich in der Nähe des Grabes. wie be­ Das Grab schien zuerst unversehrt, was sich dadurch erklären läßt, daß die Grabräuber - wie man es auch anderswo beobachtete - bemüht wtuen, die Deckplatte sorgfältig zurück­ zulegen. Oie beiden anderen Gräber der Bestattungseinheit wurden an der Südseite des Grabes Nr. 200D entdeckt. fast gleich orientiert (West, 40°; Beide' sind Ziegelgräber und 42,5°). 2003 wurden gleichfalls geplündert, Diese Gräber Nr. 2D D 2 und neben den Versehrten Skeletten fanden sich gar keine Beigaben (Abb .3 . 1-2).Bezüglich der Datierung verfügen wir nur über eine einzige unmittelbare Angabe! gestempelten Ziegel - leg(io) II ad( i utrix) die beiden - stammen laut R.Lörncz aus der Zeit von Valentinian I. - Es ist noch zu erwähnen, daß zur Bestattungseinheit noch der Skelett eines mächtigen Hundes gehörte, der östlich der Gräber Nr. 2000 bzw. 2002 begraben wurde. Zur Datierung gibt es außer den gestempelten Ziegeln zwei weitere Anhaltspunkte: Zum ersten die Stratigraphie, wonach die Gräber erst nach der Zerstörung des Ende des 3. Jahrhunderts erbauten Gebäudesmit Steinmauern (oder steinernen Grundmauern) entstanden sein dürften, da sie im Inneren bzw. an der Stelle der einen entfernten Wand des Gebäudes zum Vorschein kamen. Als Zeitpunkt der Zerstörung darf die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts angenommen werden. 40 Zum zweiten die c 0 CJ) 0 0 05 •H 0 Ct o c o CSI XD 05 TD t-4 C CD 0) -H cn in io =J o rvi CM CM XD XD < E C +* o > u CD TD TD H 0 -rH -H XD XD CD =J o 0 cm c 0 05 O 0 U f-» 05 XD KX CD 05 t-» JZ cn e +•> ro 0 -H o d 1 XD XD <£ 41 s: Verlassung und Zerstörung der M i t h r a s - H e i l i g t ü m e r . Das ist em ehesten nach den dreißiger Jahren des 4. Jahrhunderts denkbar. hmen, daß das Heiligtum von Christen zerstört wurde, drei Gräbern Christen lagen, Wenn wir a n n e ­ bzw. d a ß in den ist dieses Jahrzehnt der-früheste mögliche Zeitabschnitt für solche Ereignisse. Alles in allem läßt sich das Grab Nr. 2D00 - bzw. die Besta t t u n g ­ seinheit - frühestens auf die siebziger Jahre des 4. Jahrhunderts d a ­ tieren. Unter den Funden der erwähnten Ausgrabung ist zweifelsohne das gro ß ­ formatige Mithras-Relief das bedeutendste, es verdient sowohl aus rel i ­ gionsgeschichtlichem als auch aus kunsthistorischem Gesichtspunkt b e ­ sondere Beachtung (Abb. 4). Das an allen Seiten gerade geschlossene querrechteckige Relief von 150 x 113 cm zeigt das zentrale Thema der M i t h r a s - I k o n o g r a p h i e , die T a u r o k t o n o s - G r u p p e . Es handelt sich hier um ein schönes Beispiel des klassischen Bildtyps der in zahlreichen U n ­ tertypen vorhandenen bekannten Szene. Sie ist frontal, szenen dargestellt, Cautes, Cautopates, der Rabe, die Nebenfiguren, ohne Be g l e i t ­ die Schlange und der Skorpion sind vollzählig, der Hund, in den oberen Ecken des Bildfeldes sind sogar Sol und Luna abgebildet. Den Hintergrund der Szene bildet - wie an den meisten Stücken dieses Typs - die natürliche Grotte. Sie kommt aber - im Einklang mit den jeg­ lichen Naturalismus meidenden Stilmerkmalen des Reliefs - nur durch einige äußerst vereinfachte Zeichen zum Ausdruck. Mithras ist in einer Positur dargestellt, Donaugegend und Italiens: wie auf den Reliefs der der Gott legt seinen linken Fuß auf den Rü­ cken des Stiers und preßt mit dem rechten das linke hintere Bein des zusammenbrechenden Tieres auf die Erde. Er stoßt mit der rechten Hand einen Dolch in den Nacken des Stiers und stemmt ihm das Haupt - in sein Maul und in seine Nüstern greifend - zurück. Diese Einstellung mit dem frontal nach außen gewandten Körper des Gottes ist bezeichnend für die T a u r o k t o n o s - S z e n e , wie sie nach Musterbüchern aus Italien, der Stadt Rom und aus Westpannonien dargestellt wurde und weist im Vergleich mit der Darstellungsart der Reliefs aus der Rheingegend, dem Balkan undaus Dakien wesentliche Unterschiede auf. Mit der gleichen Musterbuch-Tra- 42 43 dition läßt sich die Anordnung der Stiergestalt in Verbindung b r i n ­ gen: das rechte Vorderbein liegt zurückgebeugt unter dem stürzenden Tierkörper, das linke Vorderbein ist in die Luft gehoben und der Schwanz hochgestellt. Dieser endet in einer Ähre aber nur in einer - wie auf mehreren Beispielen aus der Stadt Rom - und nicht wie geM wohnlich in drei Ähren. Bauch des Stieres, Die breite Schleife der Dpfertiere fehlt am das klingt auch an Darstellungen aus Italien und aus der Stadt Rom an. Hund, Schlange, Skorpion und Rabe sind in der üblichen Einstellung, wie gewohnt angeordnet. band Es j.st bemerkenswert, daß der Hund ein Hals­ und die Schlange einen dreigeteilten Kamm am Haupt aufweist. Letzteres ist äußerst selten im reichen F u n d m a t e r i a i : er ist auf je einem Beispiel aus der Stadt Rom bzw. aus Ostia, ferner an einigen Denkmälern der Donaugegend und vom östlichen Balkan anzutreffen. Cautes und Cautopates erscheinen in der traditionellen Einstellung mit umgeschlagenen Beinen, Mithras - aus Khyton, kleid, (AlJ.e drei ihre Kleidung besteht - wie auch die des Khlamys und angedeutetem orientalischem B e i n ­ tragen eine phrygische Mütze auf dem Kopf. D i d b e i d e n Sol- bzw. Luna- Büsten liefern ein Beispiel für eine bildhauerische Praxis, in der diese beiden Göttergestalten nicht nur als ergänzende Elemente der Komposition aufgefaßt, sondern wäh, ,iii' rend ihrer selbständigen T ä t i g k e i t dargestellt sind, u. zw. unter den Pferden der Q u a d r iga bzw. der B i g a . Die ikonographischen Merkmale des Reliefs weisen eindeutug d a ­ rauf hin, daß es sich um das Werk eines Meisters handelt, Traditionen italischer, folgte. der den vielleicht auch stadtrnmischer Musterbücher Das Relief läßt sich chronologisch wie nach den S t i l m e r k ­ malen mit einer italischen bzw. w e s t -pannonischen Denkmalgruppe in Verbindung bringen, die von der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts an auf diesen Gebieten den sog. klassischen Typ der Tauroktonos Szene vertritt. Unsere Bestimmung wird auch durch das relativ hohe - über dem pannonischen Durchschnitt stehende - Niveau der A u s f ü ­ hrung unterstützt: Ein Relief von solcher künstlerischer Qualität konnte kaum in Pannonien gefertigt worden sein. 44 45 Abb. 4 - Das große kult b i l d von Mithras aus dem S t e i n k i s t e n g r a b 2000 in Intercisa Die stilistischen Merkmale des Reliefs sowie die historischen Umstände vbn Intercisa lassen gleicher Weise eine Datierung auf den Anfang des 3. Jahrhunderts zu. Die Stilmerkmale sind nämlich eindeutig durch Bestrebungen bestimmt, die sich aus den Ü b e r l i e ­ ferungen der späten Antoninus-Zeit erklären lassen, aber a r t i s t i ­ scher sind als jene. Die geschlossene Strenge der Komposition und die bewußte Vermeidung der naturalistischen Darstellung deuten auch auf den Anfang des 3. Jahrhunderts. 'Nach der überlegenen b i l d h a u e ­ rischen Technik und dem Reichtum der formalen Mittel zu urteilen dürfen wir aber die Entstehungszeit des Reliefs nicht nach den er­ sten beiden Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts - also nach der Zeit von Septimius Severus und Caracalla - ansetzen. Diese Epoche ist zugleich die Glanzzeit in der Geschichte von Intercisa, in der die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage der Siedlung die A n f e r ­ tigung eines Reliefs von solcher Qualität und dessen Transport nach Intercisa - unter vermutlich hohem Kostenaufwand - ermöglichen durfte. Bezüglich der ursprünglichen B e s t i m m u n g unseres Reliefs können kaum darüber Zweifel a u f k o m m e n , es das große Kul^bild eines Mithräums war. Bedauerlicher- Weide kam im Laufe der bisherigen Gra­ bungen in Intercisa k e ’n MithrätMi zum Vorschein, obwohl man a u f ­ grund des Fundmaterials annefbmen darf, daß es in der Severus-Zeit gleichzeitig mehrere Mihträen bestanden. Den Ausgangspunkt dazu bieten die großen - also als Kultbild in Frage kommenden - MithrasReliefs bzw. die Zahl der Bruchstücke. denkbar, (Prinzipiell ist es zwar daß in einem Heiligtum auch mehrere große Reliefs s t a n ­ den, wenn aber 'die Denkmäler am einzelnen Fundorten gruppenweise Vorkommen, lassen sie sich mit großer W a hrscheinlichkeit mit einem Heiligtum in Zusammenhang bringen.) Gegenwärtig sind folgende Denk mäler bekannt: 1. ein Kultbild aus dem Grab Nr. 2000 (Anhang C/5), 2. die Figur eines Hundes von einer Mithres-Ta u r o k to n o s - G r u p p e (Anhang C / 7 ) , 3. eine. Cautopates-Statue 46 (Anhang C/14), und 4. ein Relief von großem Format, auf dem Mithras ohne die üblichen Nebenfiguren dargestellt war. Das von F. Römer im vorigen Ja h r h u n ­ dert beschriebene Relief ist seitdem verschollen (Anhang G/6). Somit können wir auf mindestens zwei große Kultbilder folgern (die Bruchstücke unter Nr. 2 und Nr. 4 könnten auch zusammengehören), und dörfen das Bestehen zweier Mithräen annehmen. Die Fundumstände der weiteren Mithras-Denkmäler lassen ähnliche S c h l ußfolgerungen zu. 1. Von einem heute leider nur ungenau identifizierbaren Grundstück kamen im Jahre 1907 sechs Steinfunde ins Ungarische N a t i o n a l ­ museum, die mit dem Kult von Mithras, deus Sol bzw. dem thra- kischen Reitergott im Zusammenhang stehen (Anhang B/l-2, 7, 9, bzw. C/l, CIMRM II tl825.) Die zahlreiche geschlossene Fundgruppe läßt die Vermutung zu, daß dieses Grundstück zum heiligen Bereich Intercisas gehörte, wo sich unter anderen auch ein Mithräum b e ­ fand. 2. Die Cautopates-Statue (Anhang-C/1.4) kam mit der St'einfigur eines . Löwen, der über sein Opfer herfällt vicus, in u n m i t t e l b a r e r .Nähe des Meilensteines XLVIII zum Vorschein (auf daf* Karte Nr. 1.). (Anhang C/15) außerhalb des An der gleichen Stelle fand man eine tie- fetßrübe von der Art eines Brunnens und nach einigen Meinungen ein "Becken" mit Terrazzobelag. Aus den beiden 'Nachbargrundstücken konnten außerdem mehrere Meilensteinreste und das Bruchstüdk eines kleinen Reliefs mit der Darstellung einer Göttin geborgen werden. Die hier zum Vorschein gekommenen Funde lassen ebenfalls das B e ­ stehen eines Mithräums vermuten. Der Umstand, daß diese Stelle außerhalb des vicus lag, beeinträchtigt diese Annahme kaum. 3. Nach einer ungewissen mündlichen Ü berlieferung dürfte in unmittel­ barer Nähe des Grabes Nr. 2000 und des Kastells, der Limesstraße noch ein Mithräum gewesen sein. an der Westseite Laut dieser Ü b e r ­ lieferung wurde Anfand unseres Jahrhunderts an dieser Stelle ein kellerartiger Bau entdeckt, den. an d,essen Eingang zwei "Wächter" stan­ Der Fund wurde damals zugedeckt und s e i t d e m noch nicht wie- 47 der ausgegraben. Aufgrund der Beschreibung ist es nicht ausgeschlos­ sen, daß auch dort ein Mithräum stand (auf der Karte Nr. 2). * * * ' Um das behandelte Mithras-Relief in konkrete r e l i g i o nsgeschicht­ liche Zusammenhänge stellen zu können, müssen wir noch kurz die Rolle des Sol-Kultes im Kultleben Intercisas behandeln. schickt werden, schen Kohorte, Es muß vorau s g e ­ daß Intercisa in dieser Hinsicht - wegen der s y r i ­ die hier stationierte, entalischen Bevölkerung und wegen der zahlreichen o r i ­ - in der Religonsgeschichte von Pannonia inferior und sogar der gesamten Oonaugegend eine Sonderstellung e i n ­ nahm. Die orientalisierenrien Tendenzen, die sich Ende ries 2. und An­ fang des 3. Jahrhunderts im Kultlehen der gesamten Donaugegend nachweisen lassen, wirkten auch in Intercisa, aber in jeder Hinsicht an ­ ders, und erhielten hier eine besondere Färbung. Diese Abweichung zeigt sich auch in der örtlichen Geschichte des Mi.thras-Kultes an. Es genügt ein Blick auf die heute bekannten Inschriften tischen Oenkmälern von Mithras, um feststellen zu können, und plas­ Sol invictus und Deus Sol Elagabalus, daß der Sol-Kult in Intercisa ein differen- zierteres Bild zeigt als in Pannonien oder in den anderen Kultzentren des Donaugebietes. Auf anderen Gebieten lassen sich nämlich in den so­ laren Vorstellungen die Aspekte, die sich an Mithras anknüpfen von denen, die von ihm mit Gewißheit zu trennen sind, kaum unterscheiden. In Intercisa lassen sich diese Aspekte nicht nur genau abgrenzen, sondern in ihren Zügen wie in ihrem Ursprung ziemlich genau umreißen und als selbständige Tendenzen in ständiger Wechselwirkung erkennen. Das Fundmaterial erlaubt heute die Trennung von drei solaren K u l ­ ten: a/ die ö f f e ntliche Verehrung von Deus Sol Ela g a b a l u s im Lagerheilig­ tum der cohors H e m e s e n o r um; b/ der Kult des Sol inv i c t us von privatem Charakter unter den S o l d a ­ ten der Kohorte und unter der Zivilbevölkerung; c/ die Verehrung M i t h r a s 1 im Kreis der Zivilbevölkerung. A8 Zur besseren Verständnis der besonderen Züge des Mithras-Kultes in Intercisa, sei kurz auf die Rolle der anderen beiden solaren Kulte verwiesen: a/ Deus Sol Elegabalus als der d eus p a triu6 der cohors Hemesenorum wurde in Intercisa bereits lange vor der Thronbesteigung des K a i ­ sers Elagabalus öffentlich geehrt. ten spätestens 2D2 das Recht, Die Soldaten der Kohorte erhiel ihren einheimischen Gott im Heilig tum, das unter der Leitung ries Statthalters und des Kommandanten der Kohorte erhoben wurde, öffentlich zu verehren (Anhang A/l-3). Diese Begünstigung befriedigte allem Anschein nach die p e r s ö n l i ­ chen kultischen Bedürfnisse der Soldaten: formatigen, H darauf weisen die klein- jegliche offizielle Äußerlichkeit entbehrenden Altäre und Votivtafeln (Anhang A/4-5, B/7b, 8) sowie die Empfehlung einer Inschrift ex voto p a t e r n o (Anhang B/8) hin. Dieser Kult war ein derart wichtiges Element des Kultlebens der cohors Hemesenorum, daß ein Veteran seinen Altar- dem deo coh(ortis) fesenorum ) widmete, (Anhang A/6). (milliariae) H em - Von der Bedeutung des Kultes der heimischen Götter zeugt die gro3e Anzahl der Theophor-Personennamen, darunter auch der Name A e l a g a b a l u s . Der Kult des Deus Sol E l ag a b a lus spielte also vom Anfang der Severus-Zeit an eine zentrale Rolle im Kultleben von Intercisa, im öffentlichen Kult de.r Soldaten wie in der personalen Andacht. b/ Aufgrund all dessen können wir - im Einverständnis mit der b i s h e ­ rigen Forschung - mit Gewißheit annehmen, dap die zahlreichen In­ schriften mit Invokationen an Deus Sol oder Deus S o l in v ictus ebenfalls dem Kult des Sonnengottes von Hemesa und nicht unmittel­ bar dem des Mithras dienten. Teil von Soldaten gesetzt Diese Inschriften wurden nämlich zum (Anhang B/2, 7b, 8), zum Teil von P e r ­ sonen mit erkennbar orientalischen Namen, talischer Herkunft ein Verweis auf o r i e n ­ (wahrscheinlich aus Hemesa), (Anhang R/l, 7b,8) Außerden müssen wir einen im Zusammenhang mit dem Mithras-Kult in Intercisa außerordentlich wichtigen Umstand besonders beachten Oie Fundorte lassen nämlich erkennen, daß die Altäre und Votivta- 49 fein an den Sol invictus im Mithräum (oder Mithräen) aufgestellt waren. - Aus gleichen Fundkomplexen stammen zum Beispiel fol g e n ­ de Denkmäler: - Anhang B/l-2 und C/l, 7, 9. Diese Gruppe vom vermuteten aber vorläufig leider nicht identifizierten Ort eines Mithräums enthält zusammen Denkmäler zu Ehren des Sol invictus und des Mithras. o Je eines wurde von derselben Person gesti fte-t: Anhang 8/1 und C/l. - Anhang B/4 und C/2, ein Mithras- und ein Sol i n v i c t u s - A l t a r , stammen vom gleichen Weingarten. eine sekundäre Fundstelle, Es handelt sich gewiß um die aber auch eine gemeinsame pri­ märe vermuten läßt. - Anhang A/4 und C/5. Das hehandelte große Relief kam also zu ­ sammen mit einem Altar des Deus Sol Elagabalus aus dem Grab Nr. hin, 2000 zum Vorschein. Dieser Umstand weist wiederum darauf daß zum betreffenden Grab von einer gemeinsamen Stelle Steine heranbefördert wurden, und zwar zweifelsohne von e i ­ nem Mithräum. Aus alldem lassen sich z w e i - Schlußfolgerungen ziehen-, zum e r ­ sten, daß sich die S o 1 - i n v i c t u s - Inschriften wahrscheinlich ohne Ausnahme auf den Kult des Sonnengottes von Hemesa beziehen; anderen, daß dieser Kult öffentlich im Heiligtum ries Lagers, vat im Mithräum gepflegt wurde. zum pri­ Die Besonderheit der Lage wird dadurch betont, daß deus Sol Elagabalus in Intercisa nicht nur während der kurzen Regierungszeit des Kaisers Elagabalus aufkam, sondern bereits seit Anfang des Jahrhunderts eine bedeutende Rolle im Kultleben der Siedlung spielte. So ergab sich die Möglichkeit im Laufe der drei Jahrzehnte der Severus-Zeit zur Herausbildung synkretistischer Beziehungen zwischen den beiden Kulten. Ein handgreifliches Ergebnis dieses Prozesses ist die Altardedikation Deo Soli s o c i o (Anhang B/6). In dieser Göttergestalt - wie in anderen ähnlichen Dedikationen an anderen Drten des Reiches - läßt sich mit aller Wahrscheinlichkeit der Sonnengott von Heinesa, zum theos synnaos von Mithras geworden, 50 erkennen. c/ Im Mithras-Kult von Intercisa betrachten wir eben diese syrikretistische Beziehung als die bezeichnendste Eigenart. Aufgrund der archäologischen Erkenntnisse scheint es mehr als w a h r s c h e i n ­ lich, daß in der Siedlung zwei Mithräen bestanden. schen Denkmäler bezeugen hingegen, plastischen Schmuck aufwiesen. Die p l a s t i ­ das diese Heiligtümer reichen Dabei fällt der Gegensatz zwi­ schen dem Reichtum der plastischen Mi thras-Derikrnä 1 er und der ge ­ ringen Zahl der Inschriften ins Auge. Es scheint aber, als wür­ de die große Anzahl der S o l - invictus-Inschriften - die bezeichnen­ der Weise ohne figurale Darstellungen auf treten - oben diese Lücke schließen und diesen Gegensatz aufheben. (Die Deutung von B/9 im Anhang ist völlig ungewiß). Wenn wir jetzt in Betracht ziehen, was wir weiter oben b e w e i ­ sen wollten, das nämlich Mithras und der den Sonnengott von He- mesa in sich bergende Sol invictus in Intercisa theoi__ synnaoi waren, dann kommen wir zu einem Schluß, der nicht nur die A u f ­ merksamkeit auf die eigenartigen Züge des M i t h r a s - K u )tes in In ­ tercisa lenkt, sondern bekundet, welche außerordentliche A f f i ­ nität und welche integrierende Kraft dem Mithras-Kult. innewohnte - wie man es auch in anderen Fällen erkennen konnte - und gibt damit ein Beispiel von allgemeiner Bedeutung. < Es scheint nämlich außer 7weifel zu stehen, daß in Intercisa nicht Mithras zweitrangig wurde neben dein Deus Snl Elagabalus, sondern der Kult des Sol Das Heiligtum, von Hemesa im Mi IhTas-Kult aufging. V aus dem das große Relief und der anonyme Altar des Deus Sol Elagabalus ans Grab Nr. war offenbar ein Mithräum, des Kultes stand, 20D0 geschleppt wurden, wo neben Mithras, der im Mittelpunkt der Sonnengott als selbständige Gottheit a u f ­ trat und mit dem deus patrius der Soldaten aus Hemesa identisch war. Diesem Ergebnis ging gewiß ein längerer Prozeß voran, im laufe derer der Kult des Sonnengottes die m o n o t h eistischen Tendenzen einbüßte, denn im Lagerkult konnte er trotz aller Begünstigungen neben dem Kaiserkult und der Verehrung der Staatsgötter nur eine 31 zweitrangige Rolle spielen. Im Elagabal-Kult des Lag e r h e i l i g ­ tums mußte außerdem - als natürliche Folge des öffentlichen Kultes - die persönliche Andacht der offiziellen weichen, un­ terlagen doch die Zeremonien im .Lagerheiligtum strengen Rechts­ vorschriften Gleichzeitig mußte die persönliche Anziehungskraft des Kultes geschwächt w o r d e n sein, indem er den steiferen Formen der römischen Kultpraxis angepaßt wurde. Daraus folgte wie von selbst, daß sowohl die Soldaten der Kohorte wie die Z i v i l b e v ö l ­ kerung, die ohnehin vom L agerhei 1 igt.um ausgeschlossen war, nach Möglichkeiten suchten, um ihre heimische Gottheit in persönlicher Andacht zu verehren. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß in Intercisa neben dem o f ­ fiziellen Lagerheilig.tum ein anderes Elagabalus-Heiligtum vorhan­ den gewesen wäre. Aber wir brauchen es auch nicht anzunehmen, denn das Mithräum (oder die Mithräen) bot(en) sowieso eine Möglichkeit z,um Kult des Sonnengottes von H e m e s a . Der sy.nk^etistische Prozeß, im Laufe dessen die Kulte des Deus Sol Elagabalus und des neben Mithras verehrten Sol invictus miteinander verschmolzen, in Intercisa eine individuell gefärbte, hatte aber mit den religiösen Tendenzen der Zeit im Einklang stehende Entwicklung zur Folge. * Budapest, 52 * * Dunaüjväros , den 1. August 1975 A N H A N G A/ Deus Sol Elagabalus 1. -Intercisa I, 325.: lute impp. pii eCtl Deo [Solli Aelagabalo pro CsJa- L. Sep. Sevri_[pili et M. Aur. Antoni(niJ Sep. Gatae /sic/ C aes. A u g g ._c o h ( ors) (milii aria ) Anto(nina) He mes (enorum ) C . R. s (agittariorurn j_ tculi sub Baebio Caeciliano est. Q. Mod(ius) Q ( u i n t i ) f (ilius) Quirina Rufinus trib. Caes. trib. (tribu) M. Aur, Pro s alute et victoria G e r m ( a n i ca) S e v e ri Antonini p i (i ) felicis Aug. Parth. m (a )x. Brit. inax. Germanic. p.p. p r / a /e- Etelmplum a solo e x t ru x i t . 2. Intercisa I, 326.: Imp. [leg(ago) Aulgg, pot. cos. m(a)x. pontif. max IIII deo patrio Soli Elagabalo m i l fites ) coh (ortis ) ("nilli ariae ) Hem (esenorum ) Anton(inianae ) dedicatum opus X Kal. bino cos. 30. J.Fitz, Sepe. Messala e.t Sa- = 214 n. Chr. Alba Regia 12 / 1 3 1 2 / 257.: EDeo Solli Ela- g a b C alc s a c r .l pro s a lu[te dominiorum nn^_[L_ mii Se v e r i pii Augg.l [P e r tinacis! et _M_L_ A u r J Septi­ [ni ni et Septimii _G etae _C a e s . mi lites c o h q r tj.1 s t- - -3 Hemesenorum t - - -Ilibus V T C l a u [- - -J i ■ pr (a )esidl5 I- - -ijussu eius tem[plum a _f u nd a l i ­ menti s inp e [nd is suis feci e r u n t . 4. Lörincz B., Vezetö ... /Dunaujvaros 1973/ 54.: Deo Soli E l a g ab a l o. B. Lörincz - Zs. Visy: Inschriften aus Intercisa. Neuere Alba Regia xv 1977.202. N r . 485 . 53 5. Intercisa I, 335. = C1MRM II 1826.: Soli [AellagTa- b alo - - -I 6. Intercisa I, 358.: deo c oh(ortis) t - - -3 Iui. S a [1]usti anus vete. (milliariae) Hemesenorum/ v.s.l-.m. B/ Sol Invictus 1. Intercisa I. 360 = CIMRM 1 B19.: D .S .i . A n t ._V e r a n u s p (ater ) v .s .1.1. m . 2. Intercisa I. 361. = CIMRM 1820.: s (tratos ) c(onsulariS) 3. Intercisa I. 366. D.S. Iui. D o n a tus v.s.l.l.ro. =CIMRM 1828.: inschriftenloser Altar an beiden Seiten die Büste von Sol und L u n a . 4. Intercisa I. 362. M. Ulp. = CIMRM 1B31. : Soli invicto deo Petuernus. 5. Intercisa I. 334. = CIMRM 1832.: - - -llimus s t a t (i o n is ) TDleo Soli Cp 1 ub ^1j_c i AuCg? v ^ s .1. tn. 6. Intercisa I. 365. = CIMRM 1833.: Deo Soli s o c i o . 7. Intercisa = CIMRM,1B34.: a/ S o li A e l . Iuli- I. 363. a nus v .s .1,m . b/ palimpsest: Soli [ilntvl Tul Arbas/?/ iL..3Ihae [. .1 i_CA n t l o n i [ n] i a Lna? l . 8. Alba Regia XI /1970/ Nr. s u s opt.. coh. 54 464.: Deo Soli Aur. Barsam- e x voto p a te r n o cum - - - . 9. Intercisa I. 389.: Rei iefb r u c h s t ü c k . Der Kopf einer Göttin im Helm, darüber der fliegende V i c t o r i a . Aus dem Hauptgestalt der Komposition sind nur die Spuren der Strahlenkranz erhalten. C/ Mithras 1. Intercisa I. 333. = CIMRM 1821.: D.S.i.M. Ant, Veranus pater pientissimus suo in loco fel.pos. 2. Intercisa I. 364. = CIMRM 1830.: Deo invicto 3. Intersica I. 367. = CIMRM 1829.: C a u t i . 4. Intercisa I. 368. = CIMRM 1835.: C a u t o p a t i . M y t r h a e (sic) 5. Grosses Kultbild, s.oben. 6. CIMRM 1838.: Verschollen. Grosses Relief des Mithras-tauroktonos, Fundort: Vadas /am linken Ufer der Donau entgegen von Intercisa/. 7. Intercisa I. 223.: Der Gestalt eines H u n d e s B r u c h s t ü c k eines Reliefes des Mithras-tauroktonos. 8. U n p u b l i z i e r t . Bruchstück eines kleinen Votivtafels. 9. Intercisa I. 393. nen Votivtafels. 10. CIMRM 1818.: = CIMRM 1822.: Bruchstück eines k l e i ­ Nicht identifizierbar. Bruchstück einer Darstellung ries Mithras- t a u r o k t o n o s . Fundort unbekannt. Aufbewahrungsort: Mu­ seum von S z ö k e s f e h e r v ä r . Vielleicht aus Intercisa. 55 11. Intercisa I. 390.: Bruchstück der Statue eines Fac k e l ­ trägers . 12. 13. Intercisa I . 235. : ders. Intercisa I . 236. Mütze. C=Attis ] = CIMRM 1836. : Kopf mit phrygischer Fackelträger? Attis? 14. Intercisa I . 394 . = CIMRM 1 B 2 3 . : Statue von Cautopates. 13. Intercisa I . 395. = CIMRM 1824. : Löwenstatue. / 56